Von den Werten her gesehen liegt das Meyer Görlitz Primoplan 1.9/58 für M42 ganz nahe beim von mir schon vorgestellten Carl Zeiss Jena Biotar 2/58, auch rein äußerlich sind die beiden DDR-Objektive sich recht ähnlich. Wobei "DDR" nicht ganz zutreffend ist, denn in der Konstruktion stammen beide noch aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg.
Beide sind auch mit manueller Blendenvorwahl ausgestattet und haben die gleiche Brennweite.
Es gibt aber auch Unterschiede:
- das Biotar hat eine etwas luxuriösere halbautomatische Springblende, das Primoplan eine rein manuelle Blende
- das Biotar hat sechs Elemente in vier Gruppen (asymmetrischer Planar-Aufbau), das Primoplan hat fünf Elemente in vier Gruppen (ein sog. erweitertes Triplet)
- das Primoplan hat 14 Blendenlammellen, das Biotar nur 10
- das Primoplan ist lichtstärker das Biotar
Aus Lichtstärke und Blendenkonstruktion entsteht der, bei Erscheinen der Linse auch gerühmte, Vorzug des Primoplan: ein super Bokeh, weich, cremig, geradezu luzid.
Lichtpunkte werden auch bei geschlossener Blende nahezu kreisrund dargestellt, die Unschärfe zerfließt förmlich. Allerdings sollte mit Licht im Bild auch gespart werden: zu viel Licht bei Offenblende könnte regelrecht "explodieren", zu sehr überstrahlen. Sorgfältig eingesetzt kann der Fotograf diesen oft unerwünschten Effekt aber auch in einen Vorteil drehen und eine geradezu magische Lichtstimmung zaubern. An diese strahlende Eigenschaft erinnert übrigens auch das neuere, aus den 60er Jahren stammende Oreston (das eine andere Konstruktion ist!).
Im Zentrum des Bildes wartet das Primoplan mit erstaunlicher Schärfe auf, auch bei Offenblende, wobei die Ränder vollends unscharf bleiben. Abblenden hilft - ich kann leider nicht mehr nachvollziehen (ist nicht mehr in meinem Besitz!), ab welcher Blende der gesamte Bildkreis vernünftig nutzbar wird. Die Farben und Kontraste, die das Glas zu liefern vermag, können sehr überzeugen. In den von mir gemachten Aufnahmen konnte ich auch kaum störenden CAs erkennen!
In der Summe seiner Eigenschaften, vor allem in der Summe einer sinnvollen Anwendung seiner Eigenheiten, kann das Primoplan als Objektiv für den primären Einsatz als Portrait-Optik und für Stimmungsbilder herangezogen werden und wird wegen seiner Randschwäche besonders auf Crop-Sensoren gut zur Geltung kommen, nicht aber auf Kleinbildvollformat, zumal es bei Unendlich-Stellung den Spiegel der EOS 5D blockiert (nur ganz wenig, kann befeilt werden).
Bewertung je nach Vorlieben des Fotografen und dem zugedachten Einsatzzweck: Note 2+ oder 4-
Genau das richtige Glas für einen "Lichtmaler"!
DCCMFTEST